Zusammen.Zukunft.Denken im Quartier

Demokratische Bildung in Toitenwinkel

Im Projekt wird eine Kerngruppe aufgebaut, die politisches Engagement und demokratische Bildung im Stadtteil stärken will. Durch aufsuchende Ansprache im Quartier werden verschiedene Gruppenformate initiiert, in denen politische Diskussionen ausgehend von den Alltagsthemen, Interessen und Bedarfen der Teilnehmenden angestoßen werden.

Projektidee und Ziele

Das Projekt zielt auf die Befähigung, Selbstaktivierung und Wahrnehmung der partizipativen Möglichkeiten von Bewohner:innen Toitenwinkels ab. Regelmäßige Veranstaltungen, Treffen und Aktionen sollen Menschen für Demokratie begeistern und sie Teil von demokratischen Prozessen werden lassen. Dafür wird eine Kerngruppe aufgebaut, mit der die Aktivierung von Nachbar:innen sowie die Planung und Durchführung von Veranstaltungen organisiert wird.

Der Projektansatz ist prozessorientiert und ergebnisoffen. Es sollen verschiedene Veranstaltungsformate ausprobiert werden, die sich thematisch an den Interessen und Bedarfen der Bewohner:innen richten. Mit dem „Zukunftsladen“ steht dafür ein fester Raum im Zentrum des Stadtteils zur Verfügung.

Die Teilnehmenden werden über bestehende Kontakte im Zukunftsladen, über Netzwerke im Quartier und in erster Linie über die „Quartiersrunden“, aufsuchende Ansprache im öffentlichen Raum im Stadtteil, gewonnen.

Projektumsetzung

In den ersten Monaten besteht der Fokus auf der Suche nach Interessierten für die Kerngruppe. Aufgrund der Fluchtzuwanderung aus der Ukraine wird der Zukunftsladen zum humanitären Hilfszentrum und der Prozess muss einige Zeit pausieren. Jedoch entstehen durch die Hilfsarbeit vielfältige Kontakte, die dem Projekt zugutekommen. Es werden zunächst zwei engagierte Personen für die Kerngruppe gewonnen, mit denen erste Quartiersrunden und erste Veranstaltungen geplant und durchgeführt werden.

Quartiersrunden

In den Quartiersrunden gehen die Engagierten der Kerngruppe mit der Projektleitung durch den Stadtteil und sprechen Bewohner:innen im Alter von 20 bis 50 Jahren an. Bei der Ansprache werden verschiedene Methoden, Orte und Zeiten ausprobiert. Erfahrungen werden reflektiert und die Ansprache entsprechend angepasst. Die Menschen werden gefragt, was sie im Stadtteil beschäftigt, was sie verändern wollen und ob sie Lust haben, sich mit anderen dazu auszutauschen. Interessierte werden zu einem Auftakttreffen eingeladen, wo die Organisation der Kerngruppe besprochen, Rollen und Aufgaben verteilt und Termine für weitere Quartiersrunden und Veranstaltungen festgelegt werden. Die Reaktionen sind gut, das Interesse zum politischen Austausch gegeben und es können einige Personen für weitere Treffen gewonnen werden.

Austauschformate und politische Diskussionen

Mit der Kerngruppe werden eine Vielzahl an Veranstaltungen und Treffen, u.a. zu den Themen Gleichberechtigung, NSU, Ukraine-Krieg und heutige Arbeiterbewegung, organisiert und durchgeführt. Hier werden das Angebot von Essen und geselligem Zusammensein mit Austausch zu politischen Themen verbunden. Dabei achten die Projektleitung und die Engagierten stets auf einen wertschätzenden Umgang, moderieren die Diskussionen und setzen Methoden wie Kennenlernspiele und Kartenabfragen ein.

Neben den Veranstaltungen nutzt die Projektleitung immer spontane Gelegenheiten, um mit Menschen über ihre Anliegen zu sprechen und diese in einen gesellschaftlichen Kontext zu stellen. So erfährt die Projektleitung auch von konkreten Bedarfen, wie dem Erhalt eines Kiosks im Stadtteil, den sie mit einer Gruppe von Bewohner:innen und dem lokalen Ortsbeirat erwirken kann.

Erkenntnisse für die politische Bildung

Die Arbeit mit einer Kerngruppe hat sich als ein gutes Format herausgestellt. Die partizipative Projektgestaltung garantiert, dass das Projekt an den Teilnehmenden ausgerichtet ist, stärkt Vertrauen anderer Bewohner:innen, ermöglicht vielfältige Lerneffekte für die Engagierten und schafft zusätzliche Kapazitäten. Gleichzeitig sind damit Herausforderungen verbunden. Die Gruppe muss vertrauensvoll begleitet, Verantwortung muss abgegeben werden und es kommt immer wieder vor, dass Engagierte wegfallen oder weniger Kapazitäten haben, sodass neue Engagierte gefunden werden müssen.

Die Quartiersrunden sind ein wertvoller Weg, um Menschen zu erreichen und zu aktivieren. Eine lockere, ungezwungene Ansprache hat sich als am erfolgreichsten erwiesen. Im besten Fall etabliert man diese Form der Ansprache als regelmäßiges Format, um immer wieder neue Kontakte zu knüpfen und Interessierte zu gewinnen.

Im Projekt werden die Quartiersrunden und die Veranstaltungen gemeinsam mit der Kerngruppe besprochen und reflektiert. Eine Auswertung der Projektaktivitäten ermöglicht, dass diese kontinuierlich weiterentwickelt und an die Adressierten angepasst werden können.

Das gesamte Projekt ist ergebnis- und themenoffen sowie prozessorientiert angelegt. Dies ermöglicht eine grundlegende Teilnehmendenorientierung und hat zur Folge, dass viele Menschen mit ihren Interessen und Bedürfnissen abgeholt und eingebunden werden.

Die Projektleitung hat im Laufe des Projektes immer wieder betont, wie wichtig es ist, anstrengende Diskussionen inklusive rassistischen und sexistischen Aussagen aushalten zu können und damit umgehen zu lernen. Das erfordert eine ausgeprägte Konfliktfähigkeit und Geduld. Gleichzeitig muss darauf geachtet werden, dass der Umgang unter Teilnehmenden wertschätzend und nicht ausschließend ist. Die Projektleitung hat hier eine moderierende Rolle im Sinne eines demokratischen Miteinanders inne. Der Fokus auf Gemeinsamkeiten bzw. die Frage „Worauf können wir uns einigen?“ haben sich als gutes Mittel zum Austausch unterschiedlicher Perspektiven bewährt. Auch der Zukunftsladen als fester Raum mit bestimmten Regeln bietet hierfür einen sehr guten Rahmen.

Modellquartier:

Toitenwinkel, Rostock

Projektträger:

Sense.Lab e.V.

Projektlaufzeit:

01.01.2022 – 30.09.2022

Veranstaltung „Schnippeln – Schnacken – Schmausen“
Interessen der Teilnehmenden des Stammtisches
Wichtige Themen der Teilnehmenden des Stammtisches
Was verstehen wir unter Stammtisch?

Die Praxisprojekte werden im Rahmen des Modellprojekts PartQ – Aufsuchende politische Bildung im Quartier umgesetzt.

PartQ wird gefördert durch die Bundeszentrale für politische Bildung.