Tanznachmittage und politische Bildung
Tanz für Senior*innen mal anders
In Lusan wird getanzt und politisch diskutiert. Im Seniorenpflegeheim Franz Lenzner finden andersartige Tanznachmittage für Senior*innen aus Lusan und Gera statt. Es soll mit aufsuchender politischer Bildung an Freizeitangeboten angedockt werden, um die Tänzer*innen in politische Gespräche über das Leben im Stadtteil und darüber hinaus zu verwickeln. So sollen Anliegen und Bedürfnisse sichtbar werden und an die lokale Politik adressiert werden.
Tanznachmittage haben sich nicht als die ideale Möglichkeit für ein Andocken mit aufsuchender politischer Bildung herausgestellt. Vor allem die Rahmenbedingungen sind eher störend, auch wenn potenziell eine große Gruppe erreicht werden kann. Dennoch fanden spannende Gespräche an einzelnen Tischen statt. Durch Irritationen und Verwunderungen, wenn zum Beispiel Fragen wie „Warum führt beim Tanz der Mann und nicht die Frau?“ gestellt wurden, konnten kontroverse Diskussionen geführt werden. Diese Auseinandersetzungen fanden aber nur in Einzelgesprächen und ohne Anschluss der Gruppe statt. Die Quizformate stellten eine willkommene Abwechslung zum Tanzen dar und führten dazu, dass an den Tischen lebhaft nach den richtigen Antworten gesucht wurde. Solche Ergänzungen können sinnvoll in größere Veranstaltungen eingebunden werden, jedoch sind die Lerneffekte bei den Teilnehmenden begrenzt, da diese sich auf Faktenwissen beschränken. Vielleicht ist aber hier die richtige Methode noch nicht gefunden.
Aufsuchende politische Bildung sollte immer wieder neue Formate ausprobieren, um erfolgreiche wie auch nicht erfolgreiche Formate zu identifizieren und zu entwickeln. Dieser „explorative Modus“ beinhaltet die stetige Reflexion und Weiterentwicklung der Formate und Methoden. In den Tanznachmittagen haben sich bestimmte formelle Methoden (eine Abfrage zu „Was bedeutet Demokratie?“ und das „Rad der Privilegien“) als abschreckende Methoden herausgestellt, da sie zu wenig mit den Alltagsfragen der Teilnehmenden zu tun hatten. Letztlich wurde mit der Umstellung auf die spielerischen Quizformate ein erfolgreiches Format identifiziert, das dennoch abstraktere Themen wie Frauen- und Arbeitnehmer*innenrechte anspricht.
Das Projekt wurde maßgeblich durch die Heimleiterin und eine Mitarbeiterin des Heimes durchgeführt und durch das Projekt PartQ begleitet. Die beiden Projektdurchführenden hatten im Vorfeld keine eigene Erfahrung mit politischer Bildungsarbeit. Durch regelmäßigen und ehrlichen Austausch darüber, was funktioniert und was nicht, konnte das Projekt stetig weiterentwickelt und die Kompetenz der Projektleiterinnen, die politische Dimension des Projektes hervorzuheben, gestärkt werden. Die Offenheit und der Mut Neues auszuprobieren und Menschen auf schwierige Themen anzusprechen waren ein Schlüssel dafür, dass sich die Projektleiterinnen selbst im Laufe des Projektes aus PartQ-Sicht stark weiterentwickelt haben und so Kompetenzen der aufsuchenden politischen Bildung by doing aufgebaut werden konnten.
Modellquartier:
Lusan, Gera
Projektträger:
Geraer Heimbetriebsgesellschaft mbH Tagespflege
Projektlaufzeit:
01.09.2023 – 30.06.2024
Die Praxisprojekte werden im Rahmen des Modellprojekts PartQ – Aufsuchende politische Bildung im Quartier umgesetzt.
PartQ wird gefördert durch die Bundeszentrale für politische Bildung.