Integration durch Bildung

Zugangs- und Mitwirkungsmöglichkeiten für junge Menschen mit Migrationsgeschichte

In dem Mentoring-Projekt erhalten Schüler:innen durch Mentor:innen Nachhilfe. Daran werden politische Bildungsworkshops und interkulturelle Trainings angedockt, in denen die Kinder und Mentor:innen sich mit Herkunft, Werten und Identität beschäftigen. Zudem lernt die Gruppe mit dem Jugendrat, dem Migrationsrat und einer Stadträtin politische Entscheidungsträger:innen kennen.

Projektidee und Ziele

Das Projekt thematisiert die, durch ungleiche Bildungschancen bedingten, eingeschränkten Teilhabemöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen mit Migrationsgeschichte und hat zum Ziel, Begegnungs-, Lern- und Dialogräume zu schaffen. Darin sollen sich neuzugewanderte Schüler:innen über ihre schulische, gesellschaftliche und persönliche Situation austauschen können. Jugendliche und junge Erwachsene mit Migrationsgeschichte, die in ihrem schulischen und beruflichen Weg bereits eigene Erfahrungen gesammelt und Hürden überwunden haben, sollen als Mentor:innen gewonnen werden und die jüngeren Schüler:innen in ihrer politischen Teilhabe stärken und sie im Lernen über demokratische Prozesse unterstützen.

Die Mentoren:innen wirken dabei als Vorbild und Lotsen. Sie unterstützen die jüngeren Schüler:innen bei ihren schulischen Herausforderungen, stärken die Sprachkompetenz und die Ausdrucksfähigkeit. Neben der schulischen Unterstützung setzen sich die Beteiligten gemeinsam mit ihren Migrationsbiografien auseinander und befassen sich mit den Voraussetzungen für Teilhabe in Deutschland. Teil dieser Auseinandersetzung ist die kritische Reflexion der eigenen Werte. Verschiedene Formen der politischen Bildung wie die Auseinandersetzung mit verschiedenen politischen Themen in Workshops und vorbereitete Begegnungstreffen mit politischen Vertreter:innen fließen explizit in das Projekt ein.

Projektumsetzung

8-10 Mentor:innen können über die Netzwerke der Projektleitung aktiviert werden und über die Kontakte in die migrantischen Communities finden sich schnell 15-20 Schüler:innen, die an dem Projekt teilnehmen möchten. Ein Eröffnungsworkshop bietet allen Beteiligten die Möglichkeit zum Austausch und Kennenlernen. Mit den Mentor:innen findet ein Workshop der politischen Bildung statt, in dem sie sich tiefgehend mit Politik und Gesellschaft auseinandersetzen und Themen, wie  den vorherrschenden Politikbegriff, das Spannungsfeld zwischen Individuum und Gesellschaft, das politische System in Deutschland und eigene Wertevorstellungen behandeln.

In der gesamten Projektlaufzeit treffen sich die Mentor:innen mit den Schüler:innen zweimal pro Woche für die schulische und sprachliche Unterstützung. Das Angebot wird sehr gut angenommen und es entsteht, insbesondere durch die zusätzlichen Aktivitäten, ein starker Gruppenzusammenhalt.

Im Laufe des Projektes werden mehrere interaktive interkulturelle Trainings durchgeführt. Hier werden Themen wie Demokratie, Wertevorstellungen und Teilhabemöglichkeiten in interaktiver Form bearbeitet. Die Trainings sind sehr gut besucht und ermöglichen, Lernen über Demokratie mit Spiel und Spaß zu verbinden.

Zudem finden mehrere Begegnungstreffen mit politischen Akteur:innen statt. Neben Besuchen im Jugendparlament und dem Migrationsrat, kommt eine Stadträtin zur Abschlussveranstaltung des Projektes. Ihr gelingt es, komplexe politische Themen wie das Bildungssystem oder steigende Energiepreise für die jungen Menschen verständlich zu machen.

Erkenntnisse für die politische Bildung

Besonders für Menschen, die jung oder politisch unerfahren sind, ist es bedeutend, Begegnungen zu schaffen, die ihrer Lebenswelt entsprechen. Die Sitzung des Migrationsrates war für die Teilnehmenden schwer zugänglich, wohingegen die Besuche des Jugendparlamentes und der Stadträtin empowernd waren, weil sie auf die Bedürfnisse und Voraussetzungen der jungen Menschen abgestimmt waren. Die Vor- und Nachbereitung solcher Begegnungen ist enorm wichtig, um Überforderungen zu vermeiden, Inhalte auswerten und offene Fragen besprechen zu können.

Für Projekte der politischen Bildung im Quartier ist es wichtig, den Adressat:innen etwas zu bieten und an ihre Interessen anzuknüpfen. Die Schüler:innen und ihre Eltern wurden über schulische Nachhilfe für das Projekt begeistert und die Mentor:innen wurden für ihr ehrenamtliches Engagement anerkannt und erhielten teilweise eine Aufwandsentschädigung. Politische Bildung kam als zusätzliches Angebot hinzu. Dieses Andocken und die Verbindung mit für die Teilnehmenden nützlichen Angeboten ist ein erfolgsversprechendes Modell.

Die Projektleitung ist selbst eine in den migrantischen Communities gut vernetzte Brückenperson, die es in kürzester Zeit geschafft hat, genug interessierte junge Menschen für die Teilnahme am Projekt zu gewinnen. Hier bestätigt sich das Potenzial von Brückenpersonen, die einen besonderen Zugang zu bestimmten Gruppen haben und darüber eine verbindliche Teilnahme an Angeboten der jeweiligen Kontakte ermöglichen können.

Im Workshop zu politischer Bildung sprechen die Mentor:innen und die Projektleitung über ihr Verständnis von Politik. Viele der Teilnehmenden haben ein enges Politikverständnis, das ausschließlich das politische System, Wahlen, Gesetze und Regierungshandeln einbezieht. Der Workshop verdeutlicht den Teilnehmenden, dass Politik bereits auf Alltagsebene stattfindet und alle Menschen betrifft. Diese Erkenntnis hat bei den Teilnehmenden zu einer positiveren Besetzung des Politikbegriffs geführt, der für eine weitere Auseinandersetzung mit Politik und dem eigenen politischen Handeln zentral ist.

Modellquartier:

Piusviertel, Ingolstadt

Projektträger:

Nefas e.V.

Projektlaufzeit:

01.04.2022 – 30.09.2022

Workshopeinheit zum Politikbegriff
Rollenspiel zum politischen Debattieren (Pro/Contra-Debatte)
Besuch einer Sitzung des Ingolstädter Migrationsrates
Auseinandersetzung mit Werten

Die Praxisprojekte werden im Rahmen des Modellprojekts PartQ – Aufsuchende politische Bildung im Quartier umgesetzt.

PartQ wird gefördert durch die Bundeszentrale für politische Bildung.