Ein neues Gesicht für die Kita Kinderland

Kinder üben Demokratie in Lusan

In der Kita Kinderland in Gera Lusan entscheiden die Kinder über die Gestaltung einer Fassade ihrer Kita. Durch die Arbeit in einem Kinderparlament und in Gruppenformaten machen die Kinder eine frühe Erfahrung mit politischen Entscheidungsprozessen. Parallel dazu wird ein Gesprächskreis mit Eltern und der Nachbarschaft ins Leben gerufen, in dem politische Anliegen und Themen der Teilnehmenden im Zentrum stehen.

Projektidee und Ziele

Das Projekt nutzt die Verschönerung einer Fassade als Anlass für einen demokratischen Prozess mit den Kindern der Kita. Ziel ist es, den Kindern frühe Erfahrungen mit demokratischen Abstimmungen und Beteiligungsprozessen zu ermöglichen. Parallel dazu sollen Eltern und Nachbar*innen in den Prozess involviert und für demokratische Prozesse sensibilisiert werden. In einem offenen Gesprächskreis soll über die Fassadengestaltung, aber auch über politische Themen gesprochen werden. Ziel ist zudem die Kita stärker als nachbarschaftliche Einrichtung zu präsentieren, die neben dem täglichen Kitabetrieb auch Angebote und Möglichkeiten für Eltern und das nachbarschaftliche Umfeld bereithält. Dafür wird in aufsuchenden Aktionen auf Stadtteilveranstaltungen aufmerksam gemacht.

Projektumsetzung

Im Projekt werden parallel zwei zentrale Stränge verfolgt: Erstens der demokratische Prozess mit den Kindern und zweitens die Öffnung der Kita für die Eltern und die Nachbarschaft, insbesondere durch offene Gesprächskreise und aufsuchende Aktionen.

Die demokratische Fassadengestaltung

In den Kitagruppen finden regelmäßige methodisch angeleitete Gesprächskreise statt, in denen über die Fortschritte informiert wird. Die Kinder haben die Möglichkeit Fragen zu stellen und ihre Meinung zu sagen. Auch spielerische und bildliche Abstimmungen finden in diesem Rahmen statt. Außerdem werden aus jeder Kitagruppe Vertreter*innen für das Kinderparlament gewählt, das aus insgesamt acht Kindern besteht und alle zwei Wochen tagt. Im Kinderparlament wird die Fassadengestaltung und der Prozess dazu tiefergehend geplant. Hier wird vorbesprochen und entschieden, was als nächstes in den Gesprächskreisen mit den Kitagruppen stattfindet. Die Ergebnisse aus den Kitagruppen werden wiederum in der nächsten Sitzung des Kinderparlamentes besprochen.

Inhaltlich werden im Laufe des Projektes folgende Schritte umgesetzt:

  1. Begehung der Baustelle mit den Kitagruppen
  2. Wahl der Vertreter*innen für das Kinderparlament
  3. Ideensammlung für Motive für die Fassadengestaltung
  4. Bewertung von Spielgeräten und Ausstattung der Kita
  5. Konkretisierung und Auswahl von Motiven für die abschließende Wahl
  6. Durchführung der Wahl
  7. Umsetzung der Fassadengestaltung mit den Kitagruppen
  8. Auswertung der Wahl und des Gesamtprozesses

Zentral ist die Durchführung einer Wahl, die als besonderes Event zum Sommerfest in der Kita umgesetzt wird. Hier haben die Kinder die Möglichkeit anonym ihr Lieblingsmotiv aus verschiedenen Motiven auszuwählen. Für die Gestaltung der Motive wird mit einem Künstler zusammengearbeitet, der auf Basis der Ideen und Vorlagen der Kinder verschiedene Entwürfe erarbeitet. Neben der Abstimmung über den Entwurf des Künstlers wird entschieden, dass die Kinder sich selbst auf der Fassade mit ihrem Handabdruck verwirklichen können.

Während des gesamten Prozesses lernen die Kinder verschiedene Abstimmungsmethoden kennen. Es werden einfache bildliche Methoden und Bepunktungen genutzt. Damit haben die Kinder direkten Einfluss auf die Gestaltung der Fassade und auch andere Dinge in der Kita. Während des Projektes wird beispielsweise eine Rutsche ausgetauscht und die Kinder entscheiden mit, wie die neue Rutsche aussehen soll. Die Ergebnisse werden in den Kitagruppen und im Kinderparlament ausgewertet, sodass sowohl positive Erfahrungen als auch Frustrationen thematisiert werden. So machen die Kinder erste Erfahrungen mit demokratischen Prozessen und lernen, dass sich nicht immer der eigene Wille durchsetzen kann.

Die Kita als Nachbarschaftseinrichtung

Das Projekt und die Kita werden auf dem Herbstfest und einem Weihnachtsmarkt im Stadtteil unter Beteiligung der Kinder beworben. Außerdem werden andere Vereine und Gremien in Lusan aufgesucht und das Projekt sowie die Kita vorgestellt. Dabei wird darauf aufmerksam gemacht, dass die Kita als Thüringer Eltern-Kind-Zentrum (TheKiZ) ein Ort für die Nachbarschaft ist, der neben dem Kitaangebot auch Angebote für Eltern und Nachbar*innen bereithält (wie zum Beispiel Beratungen, einen Nähkurs und einen offenen Garten). Die Wahl der Fassadengestaltung wird mit dem Sommerfest der Kita zusammengelegt, um auf den Prozess aufmerksam zu machen und darüber mit Eltern und der Nachbarschaft ins Gespräch zu kommen.

Außerdem wird im Rahmen des Projektes ein Gesprächskreis mit Eltern und Nachbar*innen ins Leben gerufen, der fünfmal stattfindet. Darin wird mit verschiedenen Methoden über kitabezogene Themen sowie über Interessen und Anliegen der Teilnehmenden gesprochen. Zum Beispiel werden Rollenverständnisse innerhalb von Familien sowie Erziehungsmodelle thematisiert oder es wird über Familienpolitik der verschiedenen Parteien diskutiert. Zu den Gesprächskreisen wird über persönliche Ansprache der Eltern und über oben erwähnte Feste und Einrichtungen eingeladen. Als Anreiz gibt es zu den Veranstaltungen Kaffee, Tee und Kuchen.

Erkenntnisse für die politische Bildung

Der Prozess mit den Kindern war ein großer Erfolg des Projektes. Die Struktur der Gesprächskreise in den Gruppen, dem Kinderparlament und den Gesamtabstimmungen führte zu Lernprozessen der Kinder, vor allem in Hinsicht auf das gegenseitige Ausredenlassen, Akzeptanz anderer Meinungen und Umgang mit Erfolgen und Niederlagen bei Abstimmungen. Es war während des gesamten Prozesses immer wieder zu beobachten, dass die Kinder Spaß daran hatten und sich mit den Entscheidungen altersgemäß auseinandersetzten.

Schwierig gestaltete sich mit dem Gesprächskreis einen regelmäßigen Kreis an Teilnehmenden zu gewinnen. Zwar gab es einzelne Veranstaltungen, bei denen über wichtige Fragen und Themen diskutiert wurde, jedoch gelang es nicht, das Format zu etablieren. An den Veranstaltungen nahmen ausschließlich Eltern teil, die häufig und persönlich darauf angesprochen wurden. Außerdem waren nicht immer die gleichen Teilnehmenden dabei und es konnte daher nicht auf den vorangegangenen Veranstaltungen aufgebaut werden. Nachbar*innen konnten nicht gewonnen werden.

Aufgrund der pädagogischen Kompetenzen der Projektdurchführenden konnte der Prozess mit den Kindern sehr gut gestaltet werden. In den Angeboten für Erwachsene gelang das weniger und erforderte viel Einarbeitung und Vorbereitung auf einzelne Veranstaltungen. Auch die methodische Anleitung des Gesprächskreises fiel schwer. In diesem Fall sollte frühzeitig im Prozess auf Kooperationen mit erfahrenen Erwachsenenbildner*innen gesetzt werden.

Modellquartier:

Lusan, Gera

Projektträger:

Kindergarten Kinderland, Volkssolidarität Kreisverband Gera e.V.

Projektlaufzeit:

01.09.2023 – 30.06.2024

Abstimmung im Kinderparlament
Wahl der Vertreter*innen für das Kinderparlament
Wahl der Motive der Fassadengestaltung
Handabdrücke auf der Fassade

Die Praxisprojekte werden im Rahmen des Modellprojekts PartQ – Aufsuchende politische Bildung im Quartier umgesetzt.

PartQ wird gefördert durch die Bundeszentrale für politische Bildung.