Aufsuchende politische Bildung selbst gestalten

Qualifizierungsmodule für die erfolgreiche Umsetzung in der Stadtteilarbeit

Aufsuchende politische Bildung kann einen essenziellen Beitrag zur nachhaltigen Stärkung politischer Partizipation leisten. Im Rahmen des Modellprojekts PartQ haben wir eine Qualifizierungsreihe entwickelt, um Fachkräfte und engagierte Bürger*innen in sozioökonomisch benachteiligten Quartieren mit Werkzeugen auszustatten, die für eine wirkungsvolle politische Bildungsarbeit notwendig sind.

Unsere Module bieten fundierte Einblicke und praktische Ansätze zur Förderung politischer Partizipation und Stärkung der demokratischen Teilhabe vor Ort durch bewährte Methoden der aufsuchenden politischen Bildung. Sie basieren auf unseren Erfahrungen aus 19 Modellprojekten und tiefgreifendem Feedback aus der Erprobung an fünf Modellstandorten bundesweit.

Die Module richten sich an Träger von lokalen Projekten der politischen Bildung und befassen sich mit den Grundlangen aufsuchender politischer Bildungsarbeit im Quartier. Sie eignen sich insbesondere zum Einstieg, um die Träger auf ihre Arbeit als politische Bildner*innen im Quartier vorzubereiten. Gemeinsam mit den Teilnehmenden werden wichtige Kernelemente und Gelingensbedingungen sowie ihre Umsetzung in der Praxis erarbeitet und diskutiert. Ziel ist es, eine Grundlage zu schaffen, um die politische Bildung nachhaltig im Quartierskontext zu verankern.

Afutaktworkshop in Lusan (Gera)

Datum:

28.-29.08.2023 | Chemnitz
25.-25.09.2023 | Gera
17.-18.10.2023 | Kiel
17.10., 20.10. & 02.11.2023 | Potsdam
22.-23.02.2024 | Darmstadt

Weitere Termine an anderen Standorten auf Anfrage

Kontakt:

Maëlle Dubois
m.dubois@minor-wissenschaft.de

Was bieten unsere Module?

Unsere sechs umfassend erprobten Module decken ein breites Spektrum an Kompetenzen ab, die für effektive politische Bildungsarbeit im Quartier unerlässlich sind: Die Module können, je nach Bedarf und Zielgruppe, einzeln oder in Kombination durchgeführt werden. Es wird Wert auf die praktische Anwendung der erlernten Inhalte gelegt. Die Lernziele umfassen:

  • Ansprache von Bewohner*innen im öffentlichen Raum mit Ermittlung relevanter Themen
  • Menschenrechtsorientierte Moderation von Diskussionsformaten mit unterschiedlichen Bewohner*innengruppen
  • Gestaltung eines lebensweltorientierten, repräsentativen und ergebnisoffenen Beteiligungsprozesses
  • Unterstützung des politischen Handelns der Bewohner*innen basierend auf ihren Themen und Anliegen
  • Professionelle Begleitung eines umfangreichen Prozesses der aufsuchenden politischen Bildung

Modul I – Die eigene politische Bildung

Aufsuchende politische Bildung wird in spezifischen Kontexten durchgeführt und bringt besondere Herausforderungen mit sich. Die Ziele politischer Bildung verändern sich dadurch aber nicht. Während diese Ziele für erfahrene politische Bildner*innen so gut wie selbstverständlich sein mögen, prägen sie nicht unbedingt die alltägliche Praxis von Fachkräften der Sozialarbeit oder der Gemeinwesenarbeit, die aufsuchende politische Bildung als Ergänzung zu ihrer Kernarbeit umsetzen. Eine Annäherung an die Ziele politischer Bildung bildet also die Basis unserer Qualifizierungsreihe. In diesem Workshopmodul setzen sich die Teilnehmenden zunächst mit ihrer eigenen politischen Sozialisation auseinander und reflektieren, wie diese mit politischer Bildung zusammenhängt (oder auch nicht). Daran anknüpfend werden die Ziele von politischer Bildung herausgearbeitet. Zum Schluss wird der Ansatz in den gesellschaftlichen und historischen Kontext eingeordnet.

Modul II – Alltag und Politik

Die Ansicht, das eigene Leben habe mit Politik wenig zu tun (oder umgekehrt), ist gesellschaftlich nicht selten. Diese Distanz zwischen Teilen der Bevölkerung und der etablierten Politik (Parteien, Parlamenten, Regierungen) verläuft in beide Richtungen. Allerdings wird sie häufig defizitär nur den vermeintlich desinteressierten Bürger*innen zugeschrieben und als „Politikverdrossenheit“ gebrandmarkt. In der aufsuchenden politischen Bildung ist deswegen besonders wichtig, das Politische im Alltag herauszuarbeiten, um wieder Nähe zu schaffen. In diesem Modul wird erörtert, wie verschränkt Politik mit der alltäglichen Lebenswelt der Menschen ist. Durch die Erarbeitung der politischen Dimension von konkreten Alltagsthemen wird ein weites Politikverständnis erarbeitet, das grundlegend für gelingende politische Bildung ist. Abschließend wird diskutiert, was der Auftrag von politischer Bildung ist, um diese Themen im Bildungsprozess weiterhin auf politischer Ebene zu bearbeiten.

Modul III – Aufsuchende Ansprache

Menschen ins politische Handeln zu bringen ist ein wichtiges Ziel der politischen Bildung. Anders formuliert heißt dies, dass Maßnahmen der politischen Bildung immer mit der Absicht verbunden sind, dass Menschen in der Gesellschaft partizipieren, um Meinungen und Interessen zu vertreten und dadurch allgemein verbindliche Regeln zu verhandeln, zu verändern oder zu bestätigen. Partizipation kann dabei viele unterschiedlichen Formen annehmen: Im Sinne eines erweiterten Politikverständnisses geht es nicht nur darum, wählen zu gehen oder einer politischen Partei beizutreten. In diesem Modul setzen sich die Teilnehmenden mit den unterschiedlichen Formen von Partizipation auseinander. Dafür geht es zunächst darum, sich mit den Bereichen und Orten, in denen Partizipation stattfindet, sowie mit den Stufen der Partizipation vertraut zu machen. Im Anschluss daran wird erörtert, wie politische Bildung das politische Handeln von Bewohner*innen bestmöglich unterstützen kann.

Modul IV – Partizipation

Mit aufsuchender politischer Bildung sollen Menschen angesprochen werden, die aus verschiedenen Gründen wenig Zugang zu Angeboten der politischen Bildung haben. Die aufsuchende Ansprache ist ein Weg, diese Menschen für politische Bildungsprozesse zu gewinnen. Aufsuchend ansprechen heißt, Menschen dort anzusprechen, wo sie sich im Alltag aufhalten. Unbekannte Menschen auf der Straße, vor dem Supermarkt oder an der Haustür anzusprechen, kostet aber oftmals Überwindung und kann auf Bewohner*innen abschreckend wirken. In diesem Workshopmodul wird die aufsuchende Ansprache durch ein Rollenspiel praktisch geübt und Gelingensbedingungen für eine aufsuchende Ansprache erarbeitet. Dieses Modul eignet sich besonders, wenn eine konkrete aufsuchende Ansprache bevorsteht.

Modul V – Umgehen mit schwierigen Positionen

Im Alltag sind wir hin und wieder mit problematischen Einstellungen und Denkmustern konfrontiert. Darauf angemessen zu reagieren, fällt vielen jedoch schwer. Oft fallen uns erst im Nachhinein geeignete Reaktionen ein, um dem Gesagten zu widersprechen. In der politischen Bildung ist die Menschenrechtsorientierung ein wichtiger Grundsatz: Menschenverachtende und demokratiefeindliche Äußerungen dürfen nicht unwidersprochen bleiben, vorurteilsbehaftete Denk- und Verhaltensmuster sollen aufgedeckt und durchbrochen werden. In diesem Modul werden gemeinsam Strategien erarbeitet und Handlungsmöglichkeiten erörtert, um mit problematischen Einstellungen und schwierigen Situationen umzugehen. Das Modul ist in zwei geteilt. In einer ersten Hälfte liegt der Fokus auf Stammtischparolen, auf diskriminierenden und demokratiefeindlichen Aussagen. In der zweiten Hälfte setzen sich die Teilnehmenden mit breiteren Situationsbeispielen auseinander.

Modul VI – Haltung und Reflexion

Aufsuchende politische Bildungsarbeit umzusetzen, heißt nicht nur, sich geografisch zu den Menschen zu begeben, die an Angeboten der politischen Bildung üblicherweise nicht teilnehmen. Es gilt auch, eine andere Art von Distanz abzubauen, nämlich die sozial-kulturelle Distanz. Denn politische Bildner*innen und Sozialarbeiter*innen bringen wie alle Menschen unbewusste Denk-, Verhaltens- und Bewertungsmuster mit (Pierre Bourdieu spricht von „Habitus“), die aber nicht unbedingt denjenigen der Bewohner*innen von sozialbenachteiligten und strukturschwachen Sozialräumen entsprechen: Meistens haben sie einen hohen Bildungsabschluss, oft wohnen sie nicht in diesen Sozialräumen. Das ist an sich nicht unbedingt schlimm. Wichtig ist aber, die eigene Positionierung, den eigenen Habitus und die eigene Haltung gegenüber den Zielgruppen aufsuchender politischer Bildung kritisch zu hinterfragen. In diesem Workshopmodul werden die Teilnehmenden dazu angehalten, über die eigenen Identitäten nachzudenken und sich selbst in den gesellschaftlichen (Macht-)Verhältnissen zu verorten, um den Einfluss dieser Aspekte auf die Arbeitspraxis in der aufsuchenden politischen Bildung zu reflektieren.

Dieses Modul wird in Kooperation mit der Teamerin Dorsa Amirpur angeboten.

Zu den Konzepten der Module

Diese Veranstaltung findet im Rahmen des Projektes PartQ – Aufsuchende politische Bildung im Quartier statt.

Das Projekt wird gefördert durch die Bundeszentrale für politische Bildung.