Da geht noch was!

Sicherer Verkehr – sichere Wege im Märkischen Viertel

Das vorgesehene Thema Verkehr des Projektes wurde von den Teilnehmenden aus Bedarfsgründen in ein intergenerationales und interkulturelles Begegnungsprojekt (um)entwickelt.

Projektidee und Ziele

Das Projekt „Da Geht Noch Was!“ hatte ursprünglich zum Ziel mit diversen bestehenden Gruppen im Quartier sichtbare und öffentlichkeitswirksame Aktionen rund um das Thema Verkehr zu entwickeln und damit auf Verbesserungsbedarfe im Quartier aufmerksam zu machen. Die Aktionen sollten partizipativ gestaltet werden und in der Summe verschiedene Perspektiven auf das Thema zusammenführen, die zuletzt an politische Entscheidungsträger:innen adressiert werden.

Im Verlauf des Projektes stellt sich jedoch die Arbeit mit vielen verschiedenen Gruppen als herausfordernd heraus. Auch ist das Thema Verkehr weniger interessant für die Bewohner:innen als erwartet. Daher wird umgeplant. Ausgehend von einer Nachbarschaftsgruppe und Kontakten zur Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete wird ein interkulturelles und intergenerationales Begegnungsprojekt auf die Beine gestellt, in dem die Teilnehmenden durch gegenseitige Interviews und eine gemeinsame Reise verschiedene Perspektiven auf Alltagsthemen wie Kindheit oder Urlaub kennenlernen. Dadurch sollen eigene Werte und Einstellungen hinterfragt, Gemeinsamkeiten gefunden und interkulturelles bzw. intergenerationales Zusammenleben positiv erlebt werden. Das Projekt wird in einem Film dokumentiert, der die Teilnehmenden in ihrer Vielfalt sichtbar werden lässt.

Projektumsetzung

Aktionen rund um das Thema Verkehr mit einer Schulklasse

Die erste Aktion wird gemeinsam mit einer lokalen Grundschule durchgeführt. In verschiedenen Schritten entwickelt eine Schulklasse für den „Weltklimatag“ ein Quiz für andere Schüler:innen. In diesem Rahmen findet eine Aktion statt, in der die Kinder auf Missstände im Verkehr (z.B. kurze Ampelschaltungen) aufmerksam machen. Bei dem Fest zum Weltklimatag werden auch Forderungen und Fragen an eine Lokalpolitikerin adressiert. Später nimmt die Schulklasse an einer Fahrraddemonstration, der „Kiddical Mass“ teil.

Neben den Kindern soll mit anderen Gruppen zum Thema Verkehr gearbeitet werden. Allerdings stellt sich das Thema für mehrere Gruppen als wenig interessant heraus. Daher werden andere Bedarfe verfolgt, die von den Teilnehmenden ausgehen.

Übermittlung an die Kinder- und Jugendjury

Ausgehend von einer Fahrradtour mit Kindern und Jugendlichen können drei Kleingruppen an ein bestehendes politisches Bildungsangebot angebunden werden: die Kinder- und Jugendjury. In zwei Workshops mit der lokalen Beteiligungskoordinatorin entwickeln die Teilnehmenden eigene Projekte (z.B. gemeinsame Ausflüge) und entsenden Vertreter:innen in die Kinder- bzw. Jugendjury, die die Projekte vorstellen und mit anderen demokratisch über die Verteilung von Budgets entscheiden. So lernen die Kinder und Jugendlichen selbst Projekte zu entwickeln, Unterstützung dafür einzuwerben und Budgets demokratisch mit anderen zu verhandeln. Die eingereichten Projekte werden gefördert und von der Projektleitung weiter betreut.

Interviewformate und Reise nach Dresden

Wegen des insgesamt geringen Interesses am Thema Verkehr entscheidet die Projektleitung eine andere Idee zu verfolgen, die von einer Nachbarschaftsgruppe ausgeht. Es entsteht ein intergenerationales und interkulturelles Begegnungsprojekt. In verschiedenen Treffen begegnen sich die Nachbarschaftsgruppe und Familien mit afghanischem Hintergrund. Dabei wird gemeinsames Essen und Spielen mit gegenseitigen Interviews zu verschiedenen persönlichen Themen wie Kindheit, Urlaub und Digitalität verbunden. So lernen die Teilnehmenden unterschiedliche Perspektiven kennen und bauen Beziehungen auf. Als Highlight plant und unternimmt die Gruppe eine gemeinsame Reise nach Dresden. Die verschiedenen Treffen sowie die Reise werden durch einen Filmer begleitet. Die Teilnehmenden erhalten hierfür ein Interviewtraining und entscheiden letztlich die Auswahl der Szenen mit. Die Gruppe wird sich auch zukünftig weiter treffen.

Erkenntnisse für die politische Bildung

Im Projekt stellt sich die Arbeit mit verschiedenen Gruppen an Bewohner:innen und Kooperationspartner:innen als herausfordernd heraus, insbesondere weil Beziehungsarbeit und Kontaktaufbau aufwändig sind. In der zweiten Projekthälfte wird daher mit einer festen Gruppe gearbeitet. Dadurch entsteht ein engeres Vertrauensverhältnis und ein stabiles Gruppengefüge. Feste, vertrauensstarke und zugleich diverse Gruppen bieten für die politische Bildung das Potenzial, Themen multiperspektivisch längerfristig zu bearbeiten sowie Konfliktfähigkeit und Ambiguitätstoleranz zu schulen.

Das Thema Verkehr führt im Projekt nicht zur erwarteten Resonanz. Dies früh zu erkennen und flexibel umplanen zu können, ist eine wichtige Voraussetzung für politische Bildungsarbeit und hat einen Namen: Teilnehmendenorientierung. Das Projekt ausgehend von Ideen und Bedürfnissen der Teilnehmenden umzugestalten, ermöglicht Begegnung und letztlich die Bildung einer festen Gruppe. Gleichzeitig stellt sich für alle Begegnungsprojekte die Frage, wie spezifische gesellschaftlich relevante Themen aufgenommen und greifbar gemacht und in politische Bildungsprozesse überführt werden können.

Am Beispiel der Kinder- und Jugendjury zeigt sich, dass es wichtig ist, existierende Angebote der politischen Bildung und Teilhabemöglichkeiten zu kennen, um die Beteiligten der eigenen Angebote bei Gelegenheit darauf aufmerksam zu machen und damit politische Bildungsprozesse zu verstärken. Wie Kenntnisse über politische Bildungsangebote überhaupt innerhalb der Quartier- bzw. Gemeinwesensarbeit bekannt gemacht werden können, ist eine zentrale Frage für alle PartQ-Modellprojekte.

Im Projekt hat es sich als großes Potenzial herausgestellt, in einer intergenerationalen und interkulturellen Gruppe, gemeinsame Alltagsthemen zu besprechen. Gespräche über Gebrauch von Handys und Kindheit heute und vor 40 Jahren erweitert die eigenen Perspektiven und schafft Verständnis füreinander. Jedoch verbleibt im Projekt der Austausch auf individueller Ebene und es gelingt nur in geringem Maß, die Alltagsthemen auf gesellschaftliche Ebene zu bringen. Dafür ist die Rolle der Übersetzung durch der Projektleitung zentral, um die politische Komponente immer wieder zu spiegeln und sichtbar zu machen.

Modellquartier:

Märkisches Viertel, Berlin

Projektträger:

Albatros gGmbH

Projektlaufzeit:

01.01.2022 – 30.09.2022

Teilnehmende der Interviewformate und der Reise nach Dresden
Kinder machen auf kurze Ampelschaltung aufmerksam
Teilnehmende der Kinderjury
Interviewsituation im Begegnungsprojekt

Die Praxisprojekte werden im Rahmen des Modellprojekts PartQ – Aufsuchende politische Bildung im Quartier umgesetzt.

PartQ wird gefördert durch die Bundeszentrale für politische Bildung.